Deutscher Neonazi kämpft in der Ukraine gegen Russland

"Stephan" aus Solingen: Der 36-Jährige kämpft in der Ukraine gegen Russland. Im Hintergrund ist das Logo von "White Rex" zu sehen. (Quelle: Twitter/Rainer Luepkken, Bearbeitung: t-online)SchlagzeilenAlleLeichenfund: 14-Jähriger unter TatverdachtPromis trauern um toten NDR-ReporterSo teuer könnte Bier in der Kneipe werdenÜberfall auf Geldtransporter – SchüsseBaubranche schlägt AlarmRockband verkündet KarriereendeKrokodil bringt Kinderleiche ans UferHörspiel-Star Wolfgang Draeger ist totJudith Rakers spricht über ihr AussehenBiathlon-Weltmeisterin wird Mutter"Alleingang": Zoff in Berliner KoalitionEdeka verscherbelt ProduktBlut im Stuhl: Mögliche UrsachenAlle Schlagzeilen anzeigenMehr anzeigen

Während einige rechte Ideologen mit Putin liebäugeln, kämpfen andere Rechtsradikale auf der Seite der Ukraine. "Stephan" aus Solingen ist einer von ihnen.

Ein Foto zeigt einen uniformierten Mann mit einem Kinnbart in einem Schützengraben, über ihm ist ein Tarnnetz gespannt. Das Bild wurde in der Ukraine aufgenommen, und es zeigt einen Deutschen. "Stephan" soll er heißen, aus Solingen stammen, und aus seiner rechtsradikalen politischen Gesinnung macht er kein Geheimnis. Ein Interview, das er der rechtsextremen Kleinstpartei "Der III. Weg" gegeben hat, und das auf deren Webseite zu finden ist, gibt Einblicke in das Leben des deutschen Neonazi-Kämpfers.

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Wenn seine Schilderungen zutreffen, dann hat der Deutsche zunächst als Mitglied eines russischen Freiwilligen-Bataillons gegen die Soldaten des Kremls gekämpft. Nun ist er als Mitglied der ukrainischen Streitkräfte offenbar gerade schwer verletzt worden. Über seine Vergangenheit in Deutschland ist bisher wenig bekannt. Auch antifaschistische Recherchegruppen haben noch nichts zu dem Mann berichtet, der auf der Seite der Partei "III. Weg" ungefiltert sein rassistisches Weltbild verbreiten kann.

Ein Profilbild, das er für ein heute gelöschtes Facebook-Profil nutzte, sagt anhand seiner Kleidung etwas über seine Vergangenheit: Er hatte zumindest früher Verbindungen zum Satudarah MC, einem niederländischen Rocker-Club, der als kriminelle Vereinigung eingestuft und 2015 in Deutschland verboten wurde. Das Verbot in den Niederlanden erfolgte 2018. Gewaltbereit sind die Rocker zwar, die Nähe von "Stephan" zum Club, gegründet von indonesischen Einwanderern, verwundert dennoch, versteht sich dieser doch als multikultureller Club ohne Vorurteile.

Fotos von "Stephan" aus der Ukraine sprechen da eine andere Sprache. Er blickt in die Kamera, über seiner Schulter trägt er ein Sturmgewehr. Auf dessen Kolben ist ein Aufkleber zu erkennen: Der stilisierte Kopf eines Wikingers vor einer "Schwarzen Sonne", einem Symbol, das bei rechtsextremen Vereinigungen beliebt ist. Es ist das Logo des neonazistischen Netzwerks und der Kampfsportmarke "White Rex", die von dem russischen Rechtsradikalen Denis Nikitin gegründet wurde.

Nikitin lebte lange in Köln

Nikitin, Hooligan und Organisator von Kampfsportturnieren, lebte lange Zeit in Deutschland. Hier rekrutierte er Anhänger von Kampfsportarten aus dem rechten Spektrum und war gefeierter Redner bei dem Rechtsrockkonzert "Rock gegen Überfremdung" im thüringischen Themar.

Doch auch mit Köln verbindet den russischen Neonazi eine Vergangenheit: 2019 veröffentlichte "Der Spiegel" Recherchen zu Denis Nikitin, dessen richtiger Name Denis Kapustin lautet. Er kam 2001 mit seiner Familie aus der Sowjetunion nach Köln, handelte mit Drogen und sammelte als Hooligan im Dunstkreis des 1. FC Köln erste Erfahrungen mit Gewalt.

Mit der Waffe gegen die "rote Pest"

Wann und wo Nikitin "Stephan" kennenlernte, ist nicht bekannt. Doch der Deutsche stellt das Logo seines Weggefährten auf zahlreichen Bildern selbstbewusst zur Schau. Aus seiner politischen Gesinnung macht der 36-Jährige keinen Hehl, wie sich aus dem Interview für die Webseite der Neonazi-Partei "Der III. Weg" leicht herauslesen lässt.

Er sei "natürlich Nationalist" und "stehe für ein Europa der Vaterländer ein", sagt er dort. Er habe auch nicht untätig dabei zusehen wollen, wie Putin "dieses wundervolle Land überfällt" und wie das russische Militär Kriegsverbrechen begehe.

Was er von der "kritikwürdigen" Regierung der Ukraine und vor allem vom "jüdischen Präsidenten" Selenskyj halte, will "Der III. Weg" wissen. Es gebe schlechtere Staatsoberhäupter als ihn, so "Stephan". Immerhin sei Selenskyj auch in "nationalen Kreisen respektiert".

Die antikommunistische Haltung des Solingers und sein Hass auf vermeintlich linke Strömungen hingegen werden im Interview deutlich. "Stephan" spricht vom Neo-Bolschewismus, sagt, dass er nicht dabei zusehen will, wie "man zum zweiten Mal versucht, Europa mit der roten Pest zu verseuchen." In diesem Falle lasse sich das seiner Meinung nach am effektivsten mit der Waffe verhindern.

Schießtrainings dank Kontakten in Deutschland

An dieser wurde der 36-Jährige übrigens nicht ausgebildet. Er war nie bei der Bundeswehr, sagt er in dem Interview. Durch Kontakte habe er aber "die Möglichkeit gehabt, mit verschiedenen Schusswaffen zu schießen". Auch taktische Trainings hätte er besucht, "jedoch alles außerhalb der Bundeswehr."

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Eine Aussage, die zu bestätigen scheint, dass deutsche Rechte auch in der Bundesrepublik Zugang zu Schusswaffen haben. Dass Mitglieder der rechtsradikalen Szene den Ukraine-Krieg auch dazu nutzen könnten, Erfahrungen im bewaffneten Kampf zu sammeln, hat auch die Sicherheitsbehörden aufmerksam werden lassen.

Diese würden Rückkehrer aus dem Kriegsgebiet "im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags" beobachten, erklärte das Bundesinnenministerium gegenüber "Belltower News". Auch würde man versuchen, die Ausreise extremistischer Personen zu verhindern. Dass das nicht immer klappt, beweist das Beispiel von "Stephan" aus Solingen, der mit dem Flixbus zum Kampfeinsatz nach Kiew reiste.

Traum vom "Europa der nationalen Vaterländer"

"Stephan" will in der Ukraine in mehrere Gefechte verwickelt gewesen sein, habe zahlreiche Gelegenheiten zum Schießen gehabt, in seiner Freizeit beschäftige er sich mit Literatur zu Minen und anderen Taktiken der Kriegsführung. Dass er beim Kampf in der Ukraine sterben könne, sei ihm bewusst. Zuletzt berichtet er von einer dramatischen Rettungsaktion. Das Fahrzeug, in dem er saß, sei getroffen worden, sein Bein dabei gebrochen.

Seine Überzeugungen hingegen sind es nicht. "Ich wünsche mir natürlich, dass in allen europäischen Ländern der Nationalismus erwacht", sagt "Stephan" dem "III. Weg". Er wolle, dass die Menschen erkennen, dass der Nationalismus die "einzig gesunde Staatsform" ist.

Daher schütze er in der Ukraine auch deutsche Interessen, die Welt habe nun Putins wahres Gesicht gesehen. Dass Putin nach der Ukraine weitere Länder überfalle, sei zu verhindern. Gleichzeitig fordert die Partei "Der III. Weg", mit der der deutsche Kämpfer so ausgiebig gesprochen hat, die "Wiederherstellung Gesamtdeutschlands in seinen völkerrechtlichen Grenzen." Aber das soll schließlich "friedlich" passieren.

Ob bei Rückkehr Strafe droht, ist fraglich

Sollte "Stephan" irgendwann aus der Ukraine nach Deutschland zurückkehren, ist fraglich, ob ihm hierzulande eine Strafverfolgung droht. Laut dem juristischen Fachmagazin "Legal Tribune" gibt es in Deutschland keine Strafnorm, die unmittelbar das Kämpfen in einem bewaffneten Konflikt im Ausland unter Strafe stellt. Nach §109h Strafgesetzbuch (StGB) werde nur das "Anwerben eines Deutschen zum Militärdienst" sowie das "Zuführen zu einer fremden Streitkraft" bestraft.

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Allerdings können andere Straftatbestände durchaus eine Rolle spielen. Wer sich als Söldner oder Freiwilliger ins Ausland begebe, um zu kämpfen, kann in bestimmten Fällen wegen "Bildung oder Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung nach §129b StGB" bestraft werden.

Roberto

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