Kochkurs in Meerbusch: Sumpfbiber als Braten, Gulasch oder im Salat

Kochkurs in Meerbusch: Koch Johannes Siemes steht neben einem ausgestopften Nutria. (Quelle: Ann-Marie Utz)

Nutrias vermehren sich rapide, werden von Jägern geschossen und enden meist als Abfall. Erste Metzger und Restaurants bieten die Nager jetzt als Delikatesse an.

Dampfendes Gulasch, Geschnetzeltes in Kirsch-Pfeffer-Sauce, Spieße, Frikadellen, Frühlingsrollen – es wird geschnitten, gehackt, gebrutzelt in einem Kochkurs in Meerbusch bei Düsseldorf.

Die Hauptzutat ist etwas ganz Besonderes. In allen Gerichten steckt Nutria, ein vor langer Zeit aus Südamerika eingewandertes Nagetier. Dass man das Fleisch essen kann, hat sich hierzulande noch längst nicht überall herumgesprochen. Und: Nutria wird auch Sumpfbiber oder häufiger "Biberratte" genannt – und das lässt so manchen Verbraucher erst mal auf Abstand gehen.

Jägerin und Naturpädagogin Birgit Jansen stellt zu Beginn des Kochseminars klar: "Nutria hat gar nichts mit Ratte zu tun." In Holland sage man "Waterkanin" – also Wasserkaninchen. "Das trifft es besser und klingt doch gleich viel appetitlicher." Koch Johannes Siemes ergänzt: "Nutria ist ein mineralreiches, hochwertiges Lebensmittel mit wenig und leicht verdaulichem Fett, praktisch cholesterinfrei und auch gut geeignet für die Diätküche."

Nager bereiten Probleme für Deich- und Artenschutz

Nutrias vermehren sich rasant in Deutschland, sind auf dem Teller aber noch selten. In Statistiken taucht Fleisch von Exoten wie Reptilien, Schlangen oder Kamelen laut Bundesvereinigung der Ernährungsindustrie zumindest als Importware auf. Die Nager sind aber nirgends gelistet.

Die aus Südamerika stammenden Tiere sind biologisch mit Meerschweinchen verwandt und waren hierzulande einst wegen ihres Fells in Farmen gehalten worden. Die invasive Art hat kaum Fressfeinde, der Klimawandel begünstigt ihre Ausbreitung.

Laut Jagdverband bereiten die Nager Probleme für den Deich- und den Artenschutz. Ihre Höhlensysteme gefährden die Stabilität von Deichen und Dämmen. Ihr Appetit auf Grünzeug ist so gewaltig, dass es anderen Arten wie bestimmten Vögeln an Lebensraum fehlt und manche Fischbestände leiden.

Eine Rekordzahl von gut 101.000 Tieren wurde zuletzt in einer Jagdsaison erlegt. Nutrias dürfen in Deutschland dort gejagt werden, wo sie Schäden verursachen. In manchen Regionen gibt es Abschussprämien. Das Fleisch wird in Deutschland oft weggeworfen oder als Köder für die Fuchsjagd genutzt.

"Delikatesse aus der Natur"

Nina Dohmen ist am Schneidebrett zugange: "Die Tiere einfach wegzuwerfen, tut mir im Herzen weh." Als Ernährungswissenschaftlerin weiß sie: "Das Fleisch ist zart und hat ein sehr gutes Fettsäuremuster." Wen wird man damit locken können? "Alle, die offen sind für Neues und die sich im Sinne der Nachhaltigkeit ernähren wollen."

Biologe Klaus van der Weyer, an diesem Abend für die Saté-Spieße zuständig, findet es "großartig", Nutrias kulinarisch zu verwerten. "Für mich als Verbraucher ist es wichtig, wo die Tiere, die ich esse, gelebt haben und was die fressen." Die Nager ernähren sich pflanzlich und leben an langsam fließenden Gewässern. Passt also aus Sicht des Gewässer-Ökologen.

In Essen verkauft Jäger Jürgen Bickert Nutria-Wurst, Dosen-Ragout oder auch Keule und Nacken fürs Barbecue in seiner Metzgerei. "Für mich ist der Gedanke, ein Tier zu jagen und dann wegzuwerfen, unerträglich und unethisch." Das Fleisch, das er veräußert, stammt auch von Tieren, die er selbst erlegt hat.

  • Großeinsatz in Hilden: Opfer von Prügelattacke schießt mit Waffe
  • Ermittlungen in Düsseldorf: Leichenfund im Rhein
  • SEK-Einsatz in NRW: Betrunkener schießt um sich und legt Feuer

Er hofft, dass weitere Metzgereien folgen und berichtet von wachsender Neugier: "Gerade junge Leute kommen und fragen mich: Kann man das essen?" Er sieht Potenzial für Nutria. "Es mag Verbraucher erst mal etwas Überwindung kosten, aber es ist eine Delikatesse aus der Natur." Aufklärung sei wichtig.

Roberto

Roberto

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *